Eine Lüftungsanlage ganz aus Schülerhand


Lüftungsanlagen waren in der Zeit der Corona-Pandemie sehr gefragt. Die Bundesregierung hatte im Juni 2021 einen Fördertopf für stationäre raumlufttechnische Anlagen eingerichtet, das Kultusministerium unterstützte die Schulen im Land mit 40 Millionen Euro Fördergeldern, um mit so genannten RLT-Anlagen die Virenlast in Kita- und Klassenräumen herabzusenken. Viele Kommunen griffen auf den Fördertopf zu. So wurden in Rastatt beispielsweise rund 300 der recht aufwändigen Anlagen in Schulen und Kitas installiert und auch die Stadt Bühl rüstete ihre Kitas und Schulen damit aus. Die Stadt Achern hielt sich zurück und sah ein Konzept notwendig, um eine Entscheidungsgrundlage für die Lüftungssituation an jeder Schule sowie über die Nutzung der Räume zu haben, damit die Anforderungen für eine gute Luftqualität auch bedarfsgerecht und effizient erfüllt werde. In Oberachern ging dies Eltern und dem Förderverein der Antoniusschule zu lange und so spendete der Verein auf eigene Faust für 5000 Euro Luftfilter-Geräte, nachdem zuvor Eltern von Grundschülern bereits eigene Geräte gesponsert hatten. Während sich Schulleiterin und Kollegium über das Engagement von Eltern und Förderverein freuten, war die Stadt darüber nicht glücklich, weil sie die angeschafften Geräte nicht unbedingt als geeignet ansah.

Eine neue, zukunftsweisende und effiziente Lösung könnte sein, was Schülerinnen und Schüler der Klasse 10d des Gymnasiums Achern mit NWT-Lehrer Michael Staak und Hausmeister Adrian Broß in Kooperation mit dem Verein Regenerative Energien Mittelbaden e. V. (REM), vertreten durch seinen Vorsitzenden Uwe Burkhardt, entwickelt und im Gymnasium eingebaut haben. Für vier Klassenzimmer wurde nämlich mit Genehmigung der Stadt eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung als Prototyp installiert, die Schüler verbrachten dafür mit großem Engagement für den Einbau der Anlage sogar ihre Ferien in der Schule. Mit dieser Lüftungsanlage wird vorne im Klassenzimmer frische Luft von außen zugeführt, während hinten die verbrauchte Luft abgesaugt wird. In einem Wärmetauscher übergibt die verbrauchte Luft ihre Wärme der frischen Luft. So wird die Luft ausgetauscht und gleichzeitig bleibt die Wärme drinnen, dabei werden Heizkosten und CO²-Emissionen eingespart. An heißen Sommertagen, wenn sich insbesondere über das Wochenende die Klassenzimmer aufheizen, sorgt die Umwälzung wiederum für Kühlung.  Grundsätzlich werden Staub, Krankheitserreger, Allergene und chemische Ausdünstungen mit der verbrauchten Luft aus dem Klassenzimmer entfernt.

Am Freitagnachmittag wurde die Prototyp-Anlage im Rahmen des Schulfests offiziell an OB Manuel Tabor zur Inbetriebnahme übergeben. Tabor drückte zusammen mit Markus Seifermann aus der 10d den Inbetriebnahmeknopf der Steuerungsanlage und anschließend im Theaterhof überreichte Markus Seifermann dem OB unter dem Beifall der Schulgemeinschaft ein aus dem 3d-Drucker gefertigtes Modell der Steuerungsanlage. OB Manuel Tabor würdigte das große Engagement von Lehrer, Hausmeister und Schülern und lobte vor allem, dass die Lösung der Lüftungsproblematik aus der Schülerschaft selbst gekommen sei. Uwe Burkhardt von REM äußerte seine Begeisterung darüber, dass die Schüler von der Planung über die handwerkliche Umsetzung bis zum Fundrising an der Sache drangeblieben seien: „Da ziehe ich den Hut. Das war für uns als Verein das bisher umfangreichste und spannendste Schülerprojekt.“

Seinen Ursprung hatte das Projekt im Schuljahr 2022/23 über die Teilnahme der Schule am Wettbewerb „Jugend forscht“, in dem sich die beiden Schüler Robin Kühnberger und Niklas Poteczin dem Thema Lüftung in der Schule widmeten. Sie bauten eine CO²-Ampel der Schule auseinander, untersuchten, was der Sensor kann, und entwickelten eine eigene Ampel mit Netzwerk, um die Entwicklung des CO²-Gehalts in einem Klassenzimmer zu messen. Dieses Messwerk wiederum ist Grundlage der Lüftungssteuerung. Uwe Burkhard vermacht der Lüftungsanlage eine Betriebszeit von rund 30 Jahren. Die Filter müssten jährlich ausgewechselt werden und alle drei Jahre falle eine Hygieneprüfung an. Zur Finanzierung der 46000 Euro teuren Anlage wurden bereits 40000 Euro an Spenden von Firmen und Stiftungen eingeworben. Weitere Spenden sind möglich an den Förderverein des Gymnasiums: IBAN DE55 6649 0000 0078 2257 00, Stichwort Lüftungsprojekt GA.